Grüßt euch!
Ich bin’s – Friedrich Karl, eure alte Dampflok. Meist stehe ich ruhig in der Lokhalle und lausche, was um mich herum geschieht. Und glaubt mir: „Stillstand“ heißt bei den Eisenbahnfreunden Wetterau ganz sicher nicht, dass nichts passiert. Im Gegenteil: Die vergangenen Monate waren so arbeitsreich, dass selbst ich aus meinem gemütlichen Stand heraus ordentlich ins Staunen gekommen bin. Zeit also für einen Rückblick – von Februar bis Dezember 2025.
Wenn draußen geschuftet wird, hört man das auch in der Halle
Als im Februar 2025 der letzte größere Bericht erschien, war draußen gerade der zweigleisige Bahnübergang am Sportplatz in Griedel ertüchtigt worden, der Gleisschluss hergestellt und in der Lokhalle wurde fleißig am Motorbahnwagen gearbeitet. Seitdem ist unglaublich viel passiert – und ich habe aus nächster Nähe miterlebt, wie aus Planung, Muskelkraft, Schweiß und Idealismus echte Fortschritte geworden sind.
Griedel – oder: Wie aus vielen Samstagen ein fertiger Abschnitt wurde
Ab Ende Februar ging es in Griedel Schlag auf Schlag. Noch ein paar beschädigte Betonschwellen austauschen, letzte Arbeiten am Streckengleis – und dann hieß es: Griedel ist bereit für das Einschottern. Klingt nüchtern, ist aber ein Meilenstein. Denn was danach folgte, war Gleisbau in Serie.




Ein besonderes Ereignis war die Einweihung des Schwellenwechslers EPP 3000. Ich kann euch sagen: Hätte ich früher so ein Gerät gehabt, wären mir einige mühsame Jahre erspart geblieben. Mit dem handlichen Helfer wurden im Frühjahr Woche für Woche dutzende marode Holzschwellen ersetzt – teils im Fünf-Minuten-Takt! Für eine alte Dampflok wie mich fast schon unheimlich effizient.




Schritt für Schritt arbeitete sich das Team von Griedel in Richtung Münzenberg vor, wechselte Schwellen, richtete Gleise, bohrte, schraubte und kontrollierte Spurweiten. An manchen Samstagen gingen über 1.200 Schrauben ins Holz – und ich habe keine einzige klagen hören. Na gut, fast keine.
Bahnübergänge, Betonschwellen und ein ordentliches Fundament
Besonders intensiv waren die Arbeiten an den Bahnübergängen, allen voran BÜ 13. Alte Holzschwellen raus, Betonschwellen rein, STRAIL-Platten vorbereitet, Schienen geschnitten, Übergänge angepasst – und das alles so, dass Anwohner möglichst wenig Einschränkungen hatten. Dass dabei teilweise bei Hitze, später auch bei Regen und Kälte gearbeitet wurde, verdient meinen vollen Respekt. Ich weiß, was es heißt, bei schlechtem Wetter draußen zu schuften – aber ich muss wenigstens nicht mehr schaufeln.




Parallel dazu wurden weitere Abschnitte zerlegt, neu aufgebaut und vorbereitet: BÜ 9, BÜ14, Gleisstücke in Richtung Gambach, immer mit dem Ziel, aus alten Provisorien dauerhafte Lösungen zu machen. Und genau das ist gelungen.
Schotter, Schotter und noch mehr Schotter
Im Sommer wurde es dann laut, staubig und schwer. Mehrere hundert Tonnen Schotter wurden angeliefert, verteilt und eingebaut. LKW-Ladungen, Schotterwagen-Fuhren, Handarbeit an den richtigen Stellen: Wer einmal gesehen hat, wie 62 Schotterwagenladungen an nur einem Tag gezielt ins Gleis gebracht werden, weiß, warum man danach müde, aber zufrieden ist.



Damit all das am Ende auch wirklich „schön“ wird, wartete man sehnsüchtig auf ein besonderes Gefährt: die Stopfmaschine. Ende September war es dann so weit. Nach langer Vorbereitung kam sie endlich zum Einsatz und brachte die neu aufgebauten Gleisabschnitte in die richtige Lage – zumindest teilweise, bis der nächste Einsatz rief. Für mich als Dampflok ein fast feierlicher Moment – schließlich lebt eine Bahn nicht nur von Stahl, sondern von Geometrie.




Auch in der Lokhalle wurde nicht geschlafen
Während draußen Gleis wuchsen, wurde drinnen geschraubt. Besonders spannend war es beim Motorbahnwagen X626.106: Nach dem Wiedereinbau der Motor-Getriebe-Einheit sollte eigentlich nur die neue Kupplung getestet werden – doch dann zeigte sich ein geborstener Lager- und Zahnradschaden. Also alles wieder raus, Ersatzteile vom Spenderfahrzeug, erneut einbauen. Klingt unerquicklich, endete aber erfolgreich: Der MBW läuft wieder zur besten Zufriedenheit, und die HU kann fortgeführt werden.

Auch der X626.134 bekam viel Aufmerksamkeit: Schleifen, Grundieren, Lackieren, Dacharbeiten, Montage von Motorteilen, und und und. Wer glaubt, ein Motorbahnwagen sei schnell „mal eben“ aufgearbeitet, darf gerne einen Samstag in der Halle verbringen – ich schaue derweil schmunzelnd zu.

Hinzu kamen Arbeiten an den Güterwagen, darunter das Abwracken stark maroder Holzaufbauten, um Platz für sauberen Neuaufbau zu schaffen. Externe Helfer unterstützten tatkräftig – ein schönes Zeichen dafür, dass unsere Arbeit auch außerhalb des Vereins Anerkennung findet.

Rückschläge gehören leider dazu
Ganz ohne Ärger ging es leider nicht. Vandalismus hat uns auch 2025 wieder getroffen: eingeworfene Scheiben, beschädigte Anlagen, zusätzlicher Aufwand. Als alte Lok mit dickem Blech bin ich da zwar robuster, aber weh tut so etwas trotzdem – vor allem, weil es Zeit und Geld kostet, die wir lieber in Fortschritt stecken würden.



Auch das Wetter meinte es nicht immer gut mit unseren Aktiven: Hitze über 30 Grad, frostige Samstage, Regen und Wind. Und doch standen sie da, mit Werkzeug in der Hand und dem Ziel vor Augen.

Ohne Menschen fährt keine Bahn
Was mich an all den Monaten am meisten beeindruckt hat, war nicht das Gerät, nicht der Schotter und nicht einmal die Stopfmaschine. Es waren die Menschen. Samstage, unter der Woche, früh, spät – immer wieder fanden sich Helferinnen und Helfer, die tatkräftig anpackten.


Und ich darf es hier ruhig sagen: Ohne gutes Essen läuft kein Gleisbau. Die regelmäßige Verpflegung – oft im Bahnhof Griedel – war mehr als nur Mittagspause. Sie war Treffpunkt, Dankeschön und Motivation zugleich. Als Dampflok weiß ich gutes Brennmaterial zu schätzen – und für Menschen gilt offenbar Ähnliches.
Tag der offenen Tür – Begegnungen, die blieben
Ein besonderes Highlight war natürlich der Tag der offenen Tür an Pfingsten. Viele Besucher, viele Gespräche, viel Interesse an genau dem, was ich hier gerade erzähle. Zu sehen, wie Kinder, Familien, Eisenbahnfans und Neugierige über das Gelände gehen, Fragen stellen und staunen, das hat selbst mir ein wenig Dampf ins Herz geblasen. Darüber hinaus habe ich mich natürlich auch gefreut, mal wieder ein paar Sonnenstrahlen zu tanken. Und: Die eine und den anderen hat es so sehr gepackt, dass sie nun aktive Mitglieder im Verein geworden sind.


Ein Blick nach vorn
Zum Jahresende 2025 kann ich sagen: Ihr habt Großes geleistet. Griedel ist im Wesentlichen vollendet, die Strecke weiter stabilisiert, die Arbeiten rücken näher an Bad Nauheim Nord heran. Dort wird es bis zum Jahreswechsel und darüber hinaus spannend weitergehen – aber das ist eine andere Geschichte.
Auch ich selbst werde bald wieder im Mittelpunkt stehen. Über den Stand meiner eigenen Aufarbeitung erzähle ich euch in einem separaten Beitrag – versprochen. Ein bisschen Geduld müsst ihr mir noch gönnen, schließlich bin ich nicht mehr der Jüngste.
Danke – und eine Einladung
Zum Schluss möchte ich DANKE sagen.
Danke für euren Besuch, eure Spenden, eure Zeit, eure Unterstützung und euer ehrliches Interesse an unserer Arbeit. Eine Museumsbahn lebt nicht von Fahrzeugen allein – sie lebt von Menschen, die sie tragen.
Deswegen brauchen wir euch:
- Macht mit – auf der Strecke, in der Werkstatt, organisatorisch oder im Vereinsleben
- Unterstütz mit einer Spende – oder regelmäßigen Spenden
- Kommt wieder vorbei, zum Beispiel am Pfingstmontag 2026 beim nächsten Tag der offenen Tür oder zu einem unserer Clubabenden, immer am ungerade Freitag im Monat
- Verschenkt zu Weihnachten etwas Besonderes: eine Mitgliedschaft bei den Eisenbahnfreunden Wetterau
Ich stehe derweil weiter hier in der trockenen und warmen Halle, beobachte, höre zu – und freue mich auf alles, was kommt.
Euer
Friedrich Karl 🚂💨

